Oryx commodity review

Künstliche Intelligenz ist das Wachstumselixier der USA
Kurzfristige Steuerung statt langfristiger Planung

Aktuell haben insbesondere sehr große Organisationen und Konzerne Probleme, sich bei dem sehr volatilen und intransparenten Wirtschaftsumfeld von einer langfristigen, stabilen Planung und ebensolchen Prozessen auf eine agile, dynamische Steuerung des Geschäfts, quasi auf Sicht, umzustellen. Sektoren und deren Unternehmen, die schon von anhin in ihren Geschäftsmodellen mit hoher Volatilität und starken, externen Einflüssen konfrontiert sind, tun sich mit den derzeit vielen „grauen Schwänen“ verständlicherweise leichter.

Die derzeitige Lage und Perspektive der Weltwirtschaft ist weiterhin unklar, auch wenn es per Saldo ganz leicht und bisher vor allem hinsichtlich der Erwartungen, nach oben zu gehen scheint. Klare Signale und Daten fehlen aber. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die USA aktuell keine öffentlichen volkswirtschaftlichen Daten publizieren, da aufgrund der Haushaltssperre die meisten Behörden und so auch das Statistikamt geschlossen blieben. Nun ist der Shutdown in Rekordlänge zwar abgewendet, die bestehenden Probleme der USA und die hohe Verschuldung bestehen hingegen fort. Ebenso die zahlreichen militärischen und kommerziellen Konflikte.

Gegenwärtig geht der Blick der Analysten und Medien, je nach Ereignis, mal auf den Norden oder Süden, dann wieder auf den Westen oder Osten und schließlich das Ganze wieder von vorn. Da den Überblick, auch bei der Schwemme an kaum noch verifizierbaren Nachrichten, zu behalten wird immer schwerer. Die Hoffnung ist, dass zukünftig die KI (Künstliche Intelligenz) für Durchblick sorgt, aber auch dieser schier unaufhaltbare Treiber der Finanzmärkte und Wirtschaft, vor allem in USA, bekommt Kratzer, aber dazu gleich mehr.

Auch Donald Trump erfährt in diesen Tagen, wenn die Meldungen stimmen, stärkere und vor allem auch offenere Kritik, sogar aus den eigenen Reihen. Und nicht zuletzt hat das höchste Gericht der Vereinigten Staaten, der Supreme Court, den Eindruck geweckt, die von der US-Regierung per Dekret eingesetzten Zölle zum recht pauschalen Schutz der nationalen Sicherheit, könnten doch der Zustimmung des Parlaments bedürfen und wären damit zunächst einmal hinfällig. Das ist insofern beachtlich, als dass das Gericht durch die Politik bereits in der Vergangenheit mit republikanischen Stimmen besetzt wurde, um größere Schiffbrüche beim Regierungshandeln zu vermeiden. Und nun steht möglicherweise eine Überraschung bevor, die nicht nur den Untergang der Titanic bei weitem übertreffen dürfte. Chaotische Zeiten könnten folgen. Die Transparenz wird also noch bis weit in das kommende Jahr hinein fehlen, aber für die Vielzahl der tatsächlichen und wahrgenommenen Probleme und Herausforderungen läuft es ja beinahe noch gut.

Was den Nickel-Markt an der London Metal Exchange (LME) angeht, könnte man auch von Business as Usual sprechen. Zumindest dann, wenn es um den Kursverlauf bei Primär-Nickel (Grade 1) geht. 15.000 US$/t Nickel scheint eine starke Unterstützung (Support) zu sein, was vermutlich daran liegt, dass selbst das den physischen Nickel-Markt in China und Indonesien dominierende Nickel Pig Iron (NPI) auf diesem Niveau den dortigen Produzenten wenig Freude und Ertrag bringen dürfte. Aber für eine Fantasie für Kurssprünge findet man wahrlich auch keine Gründe. Insbesondere die Batterieproduktion läuft deutlich schwächer und langsamer als erwartet und auch in der Chemie gibt es inzwischen je nach Anwendung Alternativen zu den hoch nickelhaltigen Batterien, welche die Nachfrage ebenso bremsen. Zum Redaktionsschluss handelt das Metall beim 3-Monats-Futures mit 15.050 US$/t.

KI zwischen Euphorie und Pragmatismus:
Die Logik des Second Movers
Es ist nicht schwer Artikel zu finden, die die KI und ihre Potenziale über alle Maßen preisen. Das gilt vor allem dann, wenn die Beiträge von Stakeholdern des KI-Sektors selber verfasst oder durch entsprechenden Lobbyismus beeinflusst wurden. Und auch der Mainstream scheint bei diesem Thema, ein ziemlich unkritischer Begleiter, um nicht zu sagen Bewunderer, dieser neuen Technologie zu sein. Verblüffung, gepaart mit Enthusiasmus bis hin zur Euphorie sind ja auch nach ersten praktischen Experimenten mit Chatbots wie Chat GPT oder Gemini, dem KI-Assistenten von Google, gut nachvollziehbar. Und gerade die nicht so IT-affinen, manchmal auch als „alte, weiße Männer“ bezeichneten Cluster, lassen eine besondere Begeisterung durchblicken, auch wenn sie vielleicht nicht ganz genau verstehen, wie die Dinge funktionieren.

Überhaupt ist es bei der komplexen, möglicherweise disruptiven Technologie nicht ganz einfach, den Durchblick zu behalten beziehungsweise sich ein möglichst objektives Bild zu verschaffen. Daher sollen nachfolgend alternative Sichtweisen sowie Fakten und Daten vorgestellt werden, um für eine größere Transparenz bei diesem Trendthema zu sorgen.

Ein wachsender Teil der öffentlichen Diskussion rund um Künstliche Intelligenz trägt inzwischen einen merklich drohenden Unterton. Was anfangs als verheißungsvolle Zukunftstechnologie gefeiert wurde, wird nun zunehmend mit Warnungen versehen. Politiker und Unternehmenslenker fordern mit fast missionarischem Eifer, man müsse jetzt handeln, um „nicht abgehängt“ zu werden. So erklärte der britische Technologieminister Peter Kyle jüngst: „Act now, and you will thrive into the future. Don’t, and some people will be left behind.“ Auch Softwarekonzerne wie Salesforce und Plattformen wie Fiverr bedienen diese Rhetorik: Wer KI nicht nutze, sei „verloren“. Fiverr-Chef Micha Kaufman formulierte es intern gar so: „AI is coming for your jobs. Are we all doomed? Not all of us, but those who don’t wake up fast, are doomed.“

Doch ist diese „Jetzt oder nie“-Dramatik tatsächlich alternativlos? Die Financial Times widerspricht: Zwischen first movers und left behinds gibt es noch etwas anderes – den Second Mover Advantage. In vielen Branchen war nicht der frühe Pionier der langfristige Gewinner, sondern der späte Nachzügler, der aus den Fehlern anderer lernte. Facebook überholte MySpace, Google verdrängte Ask Jeeves. Besonders in Feldern mit unklarem Kosten-Nutzen-Profil kann der zweite Schritt sogar klüger sein: Man spart Fehlinvestitionen, vermeidet Abhängigkeiten von unausgereiften Anbietern und entwickelt später robustere Prozesse.

Gerade in der noch jungen Welt sogenannter agentischer KI-Systeme – also selbständig handelnder, lernender Software-Agenten – scheint diese Vorsicht angebracht. Ein aktueller McKinsey-Bericht, auf den sich die Financial Times bezieht, weist auf eine ganze Reihe von Risiken hin: „Uncontrolled autonomy, fragmented system access, lack of observability and traceability, expanding surface of attack, and agent sprawl and duplication“. Mit anderen Worten: Die Systeme sind schwer zu überwachen, schaffen neue Sicherheitslücken und drohen, unkon-trolliert zu wachsen. In einem solchen Umfeld kann das Warten nicht nur ökonomisch vernünftig, sondern schlicht risikomindernd sein.

Die Warnung, dass die „Act now“-Rhetorik an Verkaufspsychologie erinnert – mit Angst- und Knappheitssignalen, wie sie Onlinehändler nutzen („Nur noch heute!“) – trifft den Kern: Es geht weniger um Strategie als um Marketing. Solche künstlich erzeugten Dringlichkeiten aktivieren, wie Neurowissenschaftler zeigen, das Angstsystem des Gehirns – und mindern dadurch Kreativität, Innovationsfreude und Risikobereitschaft. Ein Widerspruch also: Wer seine Mitarbeiter unter Druck setzt, zerstört genau jene Offenheit, die für sinnvolle KI-Integration nötig wäre.

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